Keine Bomben
Angestachelt vom wütenden, bedauernswerten und bettelnden Selenskyj am WEF, riefen Markus Somm und Dominik Feusi letzte Woche in ihrem Podcast «Bern einfach» nach Bomben auf St. Petersburg, Kursk, Sewastopol, Krim und Moskau. Sie teilen Selenskyjs Sehnsucht nach Vergeltung und Eskalation. Sie wollen den Krieg nach Russland tragen, mit aller Kraft, mit aller Macht. Sie outen sich wörtlich als Kriegstreiber. Es gehe nicht anders, behaupten sie alternativlos.
Sanktionen: Ein schädliches Eigentor
Anfang 2022 hat Markus Somm Dominik Feusi noch bei der blinden Übernahme von EU-Sanktionen gebremst. Er bedaure den Bruch mit der bisherigen Schweizer Neutralitätspolitik. Doch das änderte sich bald, und im Sommer 2022, als Thierry Burkart mit gelockerten Rüstungsexportregelungen einseitig die Ukraine mit Waffen versorgen wollte, war man gleicher Meinung. Der vorläufige Höhepunkt war dann im März 2023 erreicht, als Bundesrat Alain Berset vor einem Kriegsrausch warnte und sich Dominik Feusi und Markus Somm den Kriegsparolen des ehemaligen Pazifisten, Jusos und Wehrdienstverweigerers Wermuth anschlossen.
Sie irren sich dreifach. Erstens waren die Sanktionen ein schädliches Eigentor. Zweitens verlor die Schweiz mit der Absicht einseitiger Waffenlieferungen ihre Neutralität. Und drittens ist Krieg nie die Lösung, schon gar nicht eine Kriegseskalation.
Zwischen den kriegstreibenden Falken und den vermittelnden Friedenstauben gibt es noch die Non-Interventionisten, wie sie in den USA genannt werden. Wir nennen es Neutralität. Wir greifen niemanden an, doch verteidigen uns, wenn wir angegriffen werden. Wir sind zu klein, um Kriege zu führen. Unsere Rolle besteht in der Diplomatie und der Vermittlung. Der Verzicht auf äussere Machtpolitik ist ein wichtiger und bewährter Grundsatz der Schweizer Aussenpolitik. Unsere Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt, auch nicht in der Ukraine. Würde sich jeder daran halten und seinen Garten pflegen, hätten wir keinen Krieg.
Regional statt supranational
In diesem Föderalismus kombiniert mit Subsidiarität ist auch die Lösung zu suchen. Die Ukraine hat ein Recht, sich zu verteidigen, wenn russische Panzer über die Grenze fahren. Dasselbe gilt aber auch subsidiär: Da östliche Oblasten ab 2014 von Kiew angegriffen wurden, dürfen sich diese ebenfalls gegen diese Aggressionen wehren. So wird ein Konflikt kleiner und regionaler, anstatt dass er international eskaliert. Die Wehrhaftigkeit und Abschreckung sollte regional gestärkt werden und nicht supranational bei der Nato, welche den Zweck hätte, lediglich zu verteidigen und nicht anzugreifen. Es ist Irrsinn, das grösste Land der Welt und eine kriegserprobte Atommacht anzugreifen. Löst man sich vom omnipräsenten Narrativ, Putin sei ein grössenwahnsinniger Hitler, erkennt man in vielen Abkommen, Verhandlungen und Äusserungen Russlands die Ukraine als rote Linie. Und verliert man einst die Angst vor einer europäischen Invasion, blüht auch der Glaube an den Non-Interventionismus wieder auf.
Es braucht beide Kriegsparteien
Eine Friedenskonferenz in der Schweiz in der angebotenen Form ist ein Witz. Um glaubwürdig gute Dienste leisten zu können, müssten beide Kriegsparteien eingeladen werden. Die Sanktionen wären auf die Verhinderung der Umgehung zu reduzieren. Vorbedingungen, um überhaupt Friedensverhandlungen aufzunehmen, verunmöglichten den Frieden bisher. Lasst die Waffen schweigen und die Diplomaten sprechen. Bedingungslos.
publiziert am 23.01.2024 auf nebelspalter.ch.
Die Beiträge beachten nicht, dass schon seit Jahrzehnten Kriege laufen. Der Frieden, der für alle einfachen Leute wünschenswert ist, rückt in die Ferne. Eine deeskalierende Haltung des Schweiz könnte, ev. könnte doch etwas am Lauf der Geschichte ändern. Daher erscheint mir die im Artikel dargestellte Haltung als eine der Guten zu sein.