Lizenzen, Standards und Qualität – Eine Analyse des Taxigesetzes

In Zürich scheint ein lang anhaltendes Zerwürfnis ein mehr oder weniger gnädiges Ende gefunden zu haben. Der Interessenkonflikt zwischen Taxis und Fahrdiensten wie Uber scheint vorläufig entschieden.1 Das verabschiedete Gesetz wird von einigen gelobt und anderen bemängelt, wobei der eigentlichen Problematik leider nur wenig Beachtung geschenkt wird. Es wird Zeit für einen Überblick, der dem interessierten Leser reinen Wein einschenken soll.

Wer immer sich mit der Wissenschaft der Ökonomie anfreunden will, wird früher oder später durch die vorhandene Fachliteratur mit der Problemstellung des Monopols konfrontiert. Die Monopoltheorie beschreibt die Möglichkeit eines einzigen Anbieters für ein Produkt oder eine Dienstleistung, und die einhergehende Ausbeutung der Kundschaft durch überhöhte Preise. Die Erleichterung kommt erst wenn man feststellt, dass solche Monopole in der Geschichte des freien Marktes noch nie in Erscheinung getreten sind. Wo immer ein Gewinn erwirtschaftet werden kann, ist die Konkurrenz nicht fern. Die Konsequenz sind bessere Qualität und tiefere Preise, wovon die Gesamtbevölkerung profitiert.

Die einzigen Monopole, welche über einen längeren Zeitraum zu bestehen vermochten, verfügten über eine ganz spezielles Qualitätsmerkmal. Sie waren alle gesetzlich verordnet und hebelten so den freien Markt aus. Schlechtere Qualität und höhere Preise hielten entsprechend Einzug. Dies ist verständlich. Investitionen in Innovation und höhere Kundenzufriedenheit ergeben nur Sinn, wenn der Kunde eine Ausweichmöglichkeit hat, und so das Potential eines finanziellen Verlustes gegeben ist.

Glücklicherweise konnte sich keines dieser Monopole (mit wenigen Ausnahmen) bis in die heutige Zeit halten. Entsprechend geniessen wir jetzt in den meisten Branchen eine breite Auswahl an unterschiedlichen Produkten und Dienstleistungen, die jeden Geschmack und jedes Portemonnaie zu befriedigen vermögen.

Das heisst jedoch nicht, dass nicht andere Mechanismen zur Anwendung kommen, welche die Konkurrenz abschwächen und de fakto Monopolpositionen ermöglichen. Die verbreitetste Methode ist ohne Zweifel die Lizenzierung.

Lizenzen sind auch in der Schweiz eine Allgegenwärtigkeit. Dies betrifft einzelne Berufe (Apotheker, Anwälte, Optiker, etc.) wie auch ganze Branchen (Glücksspiel, Alkohol, Briefverkehr, etc.). Ihre Existenzberechtigung wird von Befürwortern seit jeher mit den gleichen Argumenten verteidigt – Mindeststandards. Mindeststandards hinsichtlich Qualität und Sicherheit sollen für Anbieter und Kunden das bestmögliche Ergebnis herausholen, wobei jedoch die grundlegensten Funktionen und Vorzüge des freien Marktes ignoriert werden.

Lizenzierungen stellen in erster Linie einen künstlichen Flaschenhals dar, durch welcher sich ein potentieller Marktteilnehmer zuerst durchzwängen muss. Dies limitiert in jedem lizenzierten System die Konkurrenz (ob nun beabsichtigt oder nicht). Auch wenn Vorschriften hinsichtlich der Erteilung einer Lizenz moderat erscheinen mögen (Meldevorschriften, Kennzeichnungen, spezielle Bewilligungen, etc.), so stellen sie trotzdem eine künstliche Hürde dar. Wer immer nicht die Mittel oder die Geduld besitzt sie zu überspringen, ist von der Teilnahme am Markt ausgeschlossen. Somit bleibt seine Dienstleistung dem potentiellen Kunden verwehrt.

Ebenso wird ausser Acht gelassen, dass sämtliche Standards subjektiv sind, ständigem Flux unterliegen und sich einer breiten Palette von Kundenwünschen anzupassen haben. Was heute als sicher, sauber und qualitativ hochstehend gilt, kann morgen schon anders aussehen. Ständige Verbesserungen in Preis und Qualität müssen jedoch durch so viel Konkurrenz wie möglich herbeigeführt werden. Verweigert man sich diesem Prozess, wandern die Kunden notgedrungen ab. Reglementarisch festgesetzte Standards können hingegen nur den ‘Status Quo’ kodifizieren; mehr nicht.

Gleichzeitig wird so ersichtlich, wie Lizenzierungen nicht nur potentielle Anbieter ausschliessen, sondern gleichzeitig potentiellen Kunden den Gebrauch solcher Dienstleistungen verwehren. Personen mit beschränkten finanziellen Mitteln sind hier die leidtragenden. Ist man als Kunde knapp bei Kasse kann es sein, dass man Qualitätseinbussen für einen niedrigeren Preis gerne akzeptiert. Anbieter haben jedoch keine Möglichkeit ein solches Angebot zu offerieren. Halten sie sich nicht an die Mindeststandards, laufen sie Gefahr ihre Lizenz zu verlieren. Entsprechend werden ärmere Bevölkerungsschichten ganz vom Erwerb ausgeschlossen.

Wie sieht die Sachlage also hinsichtlich der Lizenzierung im Taxigewerbe aus?

Da Uber noch nicht lange auf dem Markt ist, sind die Daten diesbezüglich rar. Ein erster Report aus Australien zeigt jedoch, dass Uber gegenüber den lizenzierten Taxidiensten hinsichtlich Sicherheit und Preis anscheinend im Vorteil ist. Während die Taxiindustrie bemängelte, dass die Studie bei Deloitte Access Economics von Uber selbst in Auftrag gegeben wurde, hat sie bis heute keine Gegenstudie beauftragt. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass Uber-Fahrer oft mehr Geld verdienen als die Mitarbeiter traditioneller Taxidienste. Somit wäre auch die Kritik von Tisch, dass Uber seine Fahrer durch die Zahlung tiefer Margen in die Armut treibt. Ebenso hat eine Studie aus Los Angeles gezeigt, dass dank Uber ein grösserer Teil der Menschen sich plötzlich Fahdienste leisten kann, mobiler wird und mehr Möglichkeiten zur Gestaltung des eigenen Lebens bekommt. Auch sind Experten der Meinung, dass durch das Aufkommen von Uber möglicherweise weitere Vorteile auf uns zukommen könnten. Unter Anderem das nachlassende Verlangen nach einem eigenen Fahrzeug (und die einhergehende Entstopfung unserer Strassen), sowie ein erhöhtes Interesse an ökonomisch vorteilhafteren Massenverkehrsmitteln.

Der Grundgedanke hinter dem neuen Taxigesetz ist löblich. Wir alle wünschen uns das bestmögliche Resultat hinsichtlich Kundenzufriedenheit, Angebotsqualität und Preis-Leistungs-Verhältnis.  Es stellt sich jedoch die Frage, ob der beabsichtigte Endzustand durch Reglementierung herbeigeführt werden kann. Der freie Markt hat dieses Problem scheinbar schon gelöst. Er erhöht die Standards kontinuierlich und bietet Menschen aller Einkommensschichten die Möglichkeit Dienstleistungen und Produkte zu erwerben. Ob das neue Taxigesetz dies ebenfalls zu bewerkstelligen vermag, wird die Zukunft zeigen.

1 SRF, ‘Das neue Taxigesetz nimmt Uber an die kurze Leine’ (SRF, 10.12.2018) https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/lex-uber-fuer-kanton-zuerich-das-neue-taxigesetz-nimmt-uber-an-die-kurze-leine accessed 11.12.2018

2 Olivia Lambert, ‘A new report explores the benefits of Uber’ (http://www.news.com.au, 01.02.2016) https://www.news.com.au/finance/business/travel/a-new-report-explores-the-benefits-of-uber/news-story/5e41687c9bc2614f07015f85eb784f7f accessed 11.12.2018

3 Adi Gaskell, ‘Study Explores The Impact Of Uber On The Taxi Industry’ (Forbes, 26.01.2017) https://www.forbes.com/sites/adigaskell/2017/01/26/study-explores-the-impact-of-uber-on-the-taxi-industry/#5866d4bd16b0 accessed 11.12.2018

4 Alissa Walker, ‘Lyft and Uber serve low-income communities better than taxis, says study’ (Curbed, 02.07.2018) https://www.curbed.com/2018/7/2/17511530/lyft-ride-hailing-taxis-discrimination accessed 11.12.2018

5 Farhad Manjoo, ‘With Uber, Less Reason to Own a Car’ (The New York Times, 06.11.2014) https://www.nytimes.com/2014/06/12/technology/personaltech/with-ubers-cars-maybe-we-dont-need-our-own.html accessed 11.12.2018